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Die Top 5 Übungen für eine optimale Kniebeuge

Die Top 5 Übungen für eine optimale Kniebeuge

Squats are like sex. The deeper you go the better it is

– unbekannt

Kniebeugen sind unbestritten die wichtigste aller Kraftübungen. Und wie wir alle wissen ist für einen sinnvollen Trainingsreiz und gesunde Gelenke und Bänder der Bewegungsumfang entscheidend.

Aber was, wenn dir die Übungen Schmerzen bereitet, die außerhalb des Muskelbrennens liegen? Was, wenn du einfach nicht “deeper” gehen kannst?

Vielleicht kannst/musst du sogar ein so genanntes Hüftimpingement dein eigen nennen womit dir diese wundervolle Übung leider aktuell verwehrt bleibt?

Dann bist du 1. nicht allein und 2. solltest du dir professionelle Hilfe suchen.

Thomas Worring hat all das selbst durch. Er litt selbst jahrelang an einem Hüft-Impingement und den leidigen Begleiterscheinungen wie einem Beckenschiefstand, funktionaler Skoliose, einer Beinlängendifferenz und einer Bandscheibenprotrusion. Ein ordentliches Paket.

Er hat es sich zum Ziel gemacht möglichst Vielen bei der Bekämpfung des Impingements zu helfen und seine Website Impingementhuefte aufgesetzt.

In diesem Artikel zeigt uns Thomas die 5 besten Übungen, um eine optimale Kniebeuge ausführen zu können.

Ein wahres Goldstück, nicht nur wenn du unter akuten Problemen leidest sondern auch um diesen vorzubeugen.


1. Worum geht’s bei der Kniebeuge?

Die Kniebeuge gilt als Königsdisziplin im Kraftsport und sollte in keinem Trainingsplan fehlen. Bei richtiger Ausführung wird damit der gesamte Unterkörper trainiert. Zudem arbeitet der Oberkörper primär isometrisch mit, um Stabilität während der Bewegung zu gewährleisten.

Auf den ersten Blick wirkt die Übung simpel: Man geht in die Hocke und streckt anschließend wieder seine Beine. Jedoch ist die Kniebeuge tatsächlich sehr komplex. Es gibt ganze Bücher, welche nur diese eine Übung thematisieren.

Aufgrund der hohen Komplexität der Kniebeuge gibt es unzählige Anforderungen an den Athleten, um die Übung mit richtiger Technik auszuführen. Dieser muss sowohl ausreichend Mobilität als auch Stabilität der beteiligten Gelenke aufweisen. Ist dies nicht gegeben, kommt es zu Kompensationsmechanismen, schlechten Hebelverhältnissen und einseitigen Belastungen der passiven Gewebestrukturen.

Aufgrund der schlechten Übungsausführung folgen Performanceeinbußen und Verletzungen, welche dem Athleten eine lange Rehabilitationszeit abverlangen. Es lohnt sich also, von Beginn an auf eine gute Ausführung zu achten, um Verletzungen vorzubeugen und eine bessere Kraftübertragung zu gewährleisten. Dies führt letztlich zu der Frage, welche Faktoren eine stabile, sichere Kniebeuge ausmachen.

2. Was macht eine gute Kniebeuge aus?

Joint by Joint concept

Wie oben beschrieben, muss der Athlet sowohl eine gewisse Mobilität als auch Stabilität der beteiligten Gelenke mitbringen, um eine gute Übungsausführung zu gewährleisten. Dies lässt sich einfach mit dem Joint by joint Ansatz erklären. Demnach besteht der Körper aus einer Reihe von Gelenken die synergetisch zusammenarbeiten und eine gewisse Kompetenz (Mobilität/Stabilität) aufweisen müssen, damit es nicht zu Kompensationsmechanismen kommt. Mehr zu dem Thema kannst du hier nachlesen: https://heartcore-athletics.com/der-gelenk-zu-gelenk-ansatz/

Folgende Auflistung beschreibt die Anforderungen an die Gelenke, bei Ausführung einer tiefen Kniebeuge mit korrekter Technik.

GelenkAnforderung
FußgelenkMobilität
KnieStabilität
HüfteMobilität & Stabilität
LendenwirbelsäuleStabilität
BrustwirbelsäuleMobilität
SchultergelenkStabilität

Doch was bedeutet eigentlich Mobilität und Stabilität? Im Folgenden werden die Begriffe genauer beschrieben.

Mobilität

Mobilität beschreibt die Fähigkeit, ein Gelenk uneingeschränkt in seinem vollen Bewegungsumfang zu bewegen. Diese ist sowohl durch die individuelle Morphologie und Ausrichtung der passiven Gewebestrukturen, als auch durch die Längen- und Spannungsverhältnisse der Skelettmuskulatur des Athleten festgelegt. Während ersteres genetisch prädestiniert ist, lässt sich zweiteres gut beeinflussen. 

Stabilität

Stabilität beschreibt die Fähigkeit, das Gelenk in der Ursprungsposition zu  halten, während in einem anderen Gelenk Bewegung stattfindet. Sie lässt sich durch spezielle Übungen beeinflussen. Dabei geht es vor allem darum, die entsprechenden Muskeln bei Bewegungsausführung zu aktivieren und anschließend zu kräftigen.

3. Übungen

Im Folgenden werden dir Übungen näher gebracht, um das Beste aus deiner Kniebeuge herauszuholen. Die Übungen sollten VOR dem eigentlichen Kniebeuge-Workout absolviert werden. Langfristig wirst du dadurch bessere Hebelarme, mehr Stabilität und Bewegungsspielräume in der Kniebeuge schaffen und somit langfristig mehr und sicherer Gewicht bewegen können.

Übung 1: Fußgelenk Mobilisation

Warum?

Bei einer Kniebeuge, wandert das Knie/Schienbein in Richtung Zehenspitzen. Um diese Bewegung zu gewährleisten, brauchen wir ein mobiles Fußgelenk. Bei fehlender Mobilität wandert der Oberkörper kompensatorisch weit nach vorne und es kommt zu ungünstigen Hebelarmen und einer erhöhten Belastung der Wirbelsäule [1].

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  1. Befestige ein Resistance Band an einem festen Gegenstand.
  2. Schlinge das andere Ende des Bandes um dein Sprunggelenk (Oberes Ende des Fußes).
  3. Platziere den Fuß auf einem Gegenstand (z.B. Gewichtscheibe).
  4. Bringe das Band unter Spannung. Es sollte den Fuß nach hinten und leicht nach unten ziehen.
  5. Schiebe nun das Knie mit deinen Händen so weit nach vorne wie möglich, ohne dabei die Ferse anzuheben oder den Fuß zu verdrehen. Die Fußsohle sollte stets Kontakt mit der Oberfläche haben.
  6. Halte am Endpunkt der Bewegung für etwa 5 Sekunden inne, ehe du zur Ursprungsposition zurückkehrst.
  7. Wiederhole die Bewegung etwa 20 Mal. Achte darauf, dass das Band stets unter Spannung steht.

Was bringt das Band?

Durch die Zugwirkung des Bandes auf das Sprunggelenk, kann dieses bei der Vorwärtsbewegung des Schienbeins nach hinten gleiten. Dadurch wird eine funktionale Bewegung des Fußgelenks gewährleistet und über die Zeit verbessert.

Übung 2: Hüftgelenk Mobilisation

Warum?

Eine gute Hüftmobilität ist unerlässlich, um die Kniebeuge funktional richtig ausführen zu können [2]. Die Aufwärtsbewegung der Kniebeuge besteht neben einer Kniestreckung vor allem aus einer Hüftstreckung. Um die Gesäßmuskulatur, welche hauptverantwortlich für die Hüftstreckung ist, bestmöglich zu aktivieren, benötigt es vor allem ausreichende externe Hüftrotation. Studien [3] haben gezeigt, dass die Aktivierung der Gesäßmuskulatur von der Tiefe der Kniebeuge abhängt. Wenn du also tiefer in die Hocke kommst, profitierst du von einer stärkeren Aktivierung der Gesäßmuskulatur. Folgende Übung soll dir dabei helfen die Mobilität deiner Hüfte zu verbessern.

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  1. Du stehst im hüftbreiten Stand. Verlagere dein Gewicht auf das linke Bein.
  2. Führe nun die Ferse des rechten (freien) Beines nach hinten unter Beugung der linken Hüfte. Das Standbein ist leicht gebeugt.
  3. Halte dich gegebenenfalls an einem Festen Gegenstand fest, um die Balance zu halten.
  4. Lasse das Becken auf der Seite des freien Beines nach unten sinken.  Spüre die Dehnung an der Außenseite deiner linken Hüfte.
  5. Rotiere nun das Becken nach oben, indem du die Hüfte deines linken Beines so weit wie möglich öffnest. Halte an der für etwa 5 Sekunden an der höchsten Position inne.
  6. Lasse dein Becken anschließend wieder sinken.
  7. Wiederhole die Bewegung aus Becken nach oben heben und wieder nach unten absenken etwa 10 Mal.

Übung 3. Gesäß aktivieren

Warum?

Wie bereits in Übung 2 beschrieben, sollte die hüftstreckende Bewegung hauptsächlich durch die Gesäßmuskulatur angetrieben werden. Die Mobilität der Hüfte, um dies bestmöglich zu gewährleisten wurde geschaffen. In dieser Übung wird nun die Gesäßmuskulatur aktiviert. Durch eine aktive und starke Gesäßmuskulatur erreichen wir eine stabile Kniebeuge. Dadurch kann langfristig mehr Gewicht bewältigt und das Verletzungsrisiko minimiert werden.

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  1. Lege dich auf den Rücken. Schlinge ein Band knapp über den Knien um deine Beine. Winkle die Beine an. Der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel beträgt etwa 90°. Die Füße sind etwa schulterbreit voneinander entfernt. Drücke die Knie etwas auseinander, um das Band zu spannen.
  2. Strecke nun dein Gesäß nach oben, indem du deine Gesäßmuskulatur bewusst anspannst. Halte an der obersten Stelle für etwa 10 Sekunden inne und spüre deine Gesäßmuskulatur.
  3. Kehre anschließend wieder in die Ursprungsposition zurück und wiederhole die Bewegung etwa 20 Mal.

Übung 4. Rumpf stabilisieren

Warum?

Die Wirbelsäule ist bei der Kniebeuge am stärksten anfällig für Verletzungen. Es lohnt sich also, diese bestmöglich durch Stabilisierung der Rumpfmuskulatur zu schützen. Bei Betrachtung der Ausführung einer Kniebeuge ist leicht ersichtlich, ob der Athlet eine stabile Rumpfmuskulatur ausgebildet hat. Ist dies der Fall, sieht die Kniebeuge sehr stabil aus, fast so,  als würde er diese an einer geführten Maschine ausführen. Die Funktion der Bauchmuskulatur ist vor allem, bestimmte Bewegungen (Flexion und Rotation) während der Kniebeuge zu verhindern. Der gesamte Rumpf bleibt also fest, während die Beine die eigentliche Bewegung ausführen. Dadurch bleibt die Wirbelsäule in einer neutralen Position und der Druck auf die Bandscheiben und Wirbel wird ausgeglichen verteilt. Scherkräfte, welche die höchste Belastung für die Wirbelsäule sind [4], werden minimiert. Dadurch können auch schwere Lasten bewegt werden, ohne die Wirbelsäule zu schädigen. Durch einen stabilen Rumpf kann also langfristig mehr Gewicht bewegt werden und das Risiko für Verletzungen wird minimiert.

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  1. Stelle dich etwa hüftbreit auf den Boden.
  2. Strecke die Brust raus und ziehe deine Schulterblätter nach unten. Dein Blick ist nach vorne gerichtet. Der Kopf ist aufrecht und bildet eine Linie mit der Wirbelsäule.
  3. Nehme eine Kettlebell/Kurzhantel in deine Hand.
  4. Gehe nun nach vorne, ohne dabei den Rumpf zu einer Seite zu neigen.
  5. Dein gesamter Oberkörper sollte sich beim Gehen möglichst nicht bewegen. Du wirst nach einigen Schritten merken, dass deine Rumpfmuskulatur arbeiten muss, um deinen Oberkörper gerade zu halten.

Übung 5. Komplexe All-in-One Übung

Um die oben genannten Mobilisierungs- und Aktivierungsübungen in der Position der Kniebeuge in einer komplexen Übung zu kombinieren, dient folgende Übungsanleitung. Falls deine Mobilität und Stabilität bereits fortgeschritten ist, kannst du nur noch diese Übung vor deinem Workout durchführen, um Zeit zu sparen. Anfangs empfiehlt es sich jedoch alle 5 Übungen in dein Workout zu integrieren.

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  1. Greife eine Kurzhantel/Kettlebell oder Gewichtscheibe mit beiden Händen.
  2. Stelle dich in deine übliche Standbreite, welche du beim Kniebeugen bevorzugst (z.B. schulterbreiter Stand, Füße leicht nach außen rotiert).
  3. Mache eine Kniebeuge.
  4. Verharre an der untersten Position.
  5. Wandere mit einem Knie über deinen gleichseitigen Fuß und wiederhole die Bewegung einige Male, ehe du mit dem anderen Knie die Bewegung ausführst (Mobilisation des Fußgelenks)
  6. Drücke mit deinen Ellenbogen die Knie nach außen und öffne dadurch dein Hüftgelenk (Mobilisation des Hüftgelenks). Halte die Dehnung für einige Sekunden.
  7. Spanne den Bauch und die Gesäßmuskulatur an und gehe langsam in die Aufwärtsbewegung. Halte etwa 5 Sekunden inne, wenn deine Oberschenkel etwa Parallel zum Boden sind. Spüre, wie deine Gesäßmuskulatur arbeitet (Gesäß- und Rumpfaktivierung).

! Du profitierst noch besser von der Übung, wenn du diese ohne Schuhe ausführst, da du dadurch ein besseres Biofeedback vom Boden erhältst.

Literatur

[1] Fuglsang, Emil I.; Telling, Anders S.; Sørensen, Henrik; 2017: Effect of Ankle Mobility and Segment Ratios on Trunk Lean in the Barbell Back Squat; Journal of Strength and Conditioning Research: November 2017 – Volume 31 – Issue 11 – p 3024-3033

[2] Hemmerich, A, Brown, H, Smith, S, Marthandam, SS, and Wyss, UP. Hip, knee, and ankle kinematics of high range of motion activities of daily living. J Orthop Res 24: 770-781, 2006

[3] Caterisano, A, Moss, RF, Pellinger, TK, Woodruff, K, Lewis, VC, Booth, W, and Khadra, T. The effect of back squat depth on the EMG activity of 4 superficial hip and thigh muscles. J Strength Cond Res 16: 428-432, 2002.

[4] Toutoungi, DE, Lu, TW, Leardini, A, Catani, F, and O’Connor, JJ. Cruciate ligament forces in the human knee during rehabilitation exercises. Clin Biomech 15: 176-187, 2000

Kann ich mir durch zu viel Mobility Training schaden?

Wenn du diesen Blog liest, dann bist du in aller Regel ein Athlet in irgendeiner Form. Du nimmst dein Training ernst, trainierst hart, isst (meistens) clean und versuchst regelmäßig ausreichend Schlaf zu bekommen. Um deine Performance weiter zu verbessern arbeitest du ständig an deiner Mobilität. Schließlich ist ja Kraft- und Performancetraining nicht alles. Sauber! Genau diese Einstellung wollte ich mit meinen jahrelangen Blogs und deine Coaches in der Box erreichen. Jetzt gibt’s nur ein kleines Problem. Direkt nach deinem Mobilitätstraining, egal ob Pre- oder Post-WOD, fühlst du dich super locker und beweglich. Dann geht’s zurück nach Hause oder auf die Arbeit und nach ein bisschen Sitzen oÄ fühlst du dich wieder steifer und am nächsten Tag sogar eher wie ein Roboter als ein geschmeidiger Leopard. Das Gegenmittel? Mehr Mobility. Klingt logisch ne? Ist es aber ausnahmsweise mal nicht. Klar ist es grundsätzlich gut verklebte Faszien zu lösen und steife Muskeln zu dehnen. Glaubt ja nicht, dieser Artikel würde euch davon erlösen! Aber es gibt auch die Möglichkeit dass es eher nicht so gut ist für deinen Körper, die „tighte Stelle“ zu lösen und zu mobilisieren. Manchmal ist diese Steifheit in einem Körperanteil nämlich ein gewollter Schutzmechanismus des Körpers.

Um das nochmal ganz deutlich zu machen: um Mobilitätstraining kommst du nicht herum und Mobilität (die Fähigkeit eines Gelenkes und des Binde- und Muskelgewebes drumherum die volle Bewegungsamplitude, aka Range of Motion (RoM ) zu nutzen ist wahnsinig wichtig für unsere Gesundheit und unsere Performance. Wenn aber der Fall vorliegen sollte, dass ein motorisches Ansteuerungsproblem vorliegt, dann kann zusätzliche Mobilisation der versteiften Teile kontraproduktiv sein.

Mobility vs. Stability
Unser Körper hat verschiedene Zonen bzw. Gelenke, die stabil und andere die mobil sein sollten. Diese wechseln sich in ihrer Funktion ab. Die genaue Funktionsweise erkläre ich in meinem Artikel „Der Gelenk-zu-Gelenk-Ansatz“.
Grob zusammengefasst kann  man die ganze Debatte mit einer Tür vergleichen.
Auf der einen Seite haben wir eine Tür im Türrahmen, die lange lange nicht geölt wurde und sogar ein bisschen verrostet ist. Um diese, im Vergleich zu einer geölten, nicht rostigen Tür, zu öffnen benötigen wir etwas mehr Energie. Ölen wir das gute Stück aber ein bisschen, dann geht es gleich wieder viel einfacher. Mobilitätstraining können wir grundsätzlich mit dem Ölen unserer Gelenke vergleichen.

Auf der anderen Seite haben wir dieselbe Tür, aber mit einer anderen Ausgangsproblematik. Die Gelenk der Tür sind eher lose und teilweise gar nicht mehr fest am Rahmen. Nutzen wir hier jetzt die gleiche Kraft wie bei der oben beschriebenen, „gesunden“ Tür dann fliegt uns diese hier beinahe aus den Angeln, weil sie zu wenig Stabilität hat. Das können wir mit fehlenden motorischen Ansteuerungsprozessen vergleichen. Fehlt diese Fähigkeit in unserem Körper bzw. ist weniger gut ausgeprägt, am besten bei gleichzeitig hoher Mobilität, dann ist das extrem ungesund für unsere Gelenke. Und jetzt stellt euch vor da kommt noch zusätzliche Power rein, weil wir mit hohen Gewichten trainieren wollen…

Jetzt fragst du dich natürlich, was du besser trainieren solltest, richtig? Gute Frage. Grundsätzlich haben eher weniger Leute Probleme mit motorischen Ansteuerungsprozessen als mit der Mobilität. Wir neigen eher zu verkürzten Bindegewebsstrukturen und Mobilität hilft daher den meisten. Aber das motorische Problem kann auch nur auf kleinen lokalen Teilen zutreffen. Wer zum Beispiel tighte Hüftbeuger hat, diese ständig mobilisiert und es wird trotzdem nicht besser, dem fehlt in der regel ehr die Stabilität in diesem Areal. Ist das bei dir der Fall, dann probiere eher die Gegenseite zu lösen, nämlich die Gesäßmuskulatur und die Hüfte generell. Das geht super mit Strength Bands und BLACKROLL Übungen.
Klingt noch nicht ganz logisch? Dann noch einmal anders ausgedrückt: Wenn du einen tighten, „verkürzten“ Bereich in deinem Körper hast, der trotz viel Mobility und Zuneigung zu diesem Bereich immer wieder fest und verkrampft wird, dann ist nicht Mobilität in diesem Bereich dein Problem, sondern mangelnde Stabilität. Weil eben diese Stabi fehlt spannt der Körper hier deine Muskulatur mehr an um diese Stabilität zu gewährleisten und dich so vor Verletzungen zu schützen.

Sollte auch das Lösen der gegenüberliegenden Strukturen keinen erfolg erzielen, dann hast du vermutlich ein ernst zu nehmendes Problem in diesem Stabilitäts-motorische Ansteuerung-Kontinuum, das unbedingt von einem Fachman (Physio, Ostheopat etc.) angesehen werden sollte. Falls du im Münchener Raum bist empfehle ich da das Team um Christoph Reiner von CrossFit Bewegt. Sollte sich rausstellen, dass es ein Problem der Rumpfstabilität,, insbesondere der Beckenbodenmuskulatur ist, dann probiere mal Pilates Training aus. Das kann Wunder wirken!

Da haben wir es also. Mobility ist für einen Großteil unserer Probleme und Problemchen ein probates Mittel, aber wir müssen lernen das Mobility-Training intelligent einzusetzen während wir zusätzliches und fokussiertes Stabilitätstraining niemals außer Acht lassen dürfen. Auch wenn es nicht so spannend und cool sein mag wie ein WoD, zusätzliches und intelligents ausgewogenes Training zwischen Mobilität und Stabilität kann Wunder wirken. Dein Körper und deine Performance werden es dir danken!

Finish strong,
Art

 

originally posted on: The Workoutblog – “Zerstörst du dich du dich durch zu viel Mobility?”

Der Gelenk-zu-Gelenk Ansatz

Michael Boyle hat mit seinem Gelenk-zu-Gelenk Ansatz, den er gemeinsam mit Gray Cook entwickelt hat, ein für mich bahnbrechendes Ergebnis zum Verständnis des menschlichen Körpers, seiner Funktionsweise und vor allem zu vielen Ursachen der gängigsten Probleme unseres Bewegungsapparates geschaffen. Grund genug sich diesem Gelenk-zu-Gelenk Ansatz (joint by joint approach) auch in einem Artikel zu widmen. Nur für den Fall, dass all diejenigen die mich noch nicht live in der Ausbildung erleben durfte die Grundlagen auch mitbekommen und alle anderen nochmal nachsehen können 😉

Der Gelenk-zu-Gelenk Ansatz beruht auf der Annahme, dass der Körper lediglich aus einem Haufen Gelenken besteht. Diese sind schön vertikal nacheinander angeordnet (zumindest wenn wir aufrecht stehen) und haben jeweils eine bestimmte Funktion. Das ist entweder die Mobilität oder die Stabilität. Die Gelenke sind dabei eindeutig männlicher Natur und verteufeln Multitasking. Soll heißen sie können eigentlich nur eines, entweder Mobilität oder Stabilität. Ausnahmen bilden dabei die Hüfte, die einerseits Mobilität in allen Ebenen aufweisen muss, aber besonders in der Außenrotation und Abduktion auch Stabilität (sonst kippen leicht die Knie bei externen Belastungen nach innen in die schwache Valgus Stellung. Siehe hierzu auch meinen Artikel: „Valgus Knie – Woher kommt das und was kann ich dagegen tun?“) und die Schulter, die zwar hauptsächlich mobil sein muss, aber nur auf Grundlage der Schulterblattstabilität.

 

Der Gelenk-zu-Gelenk Ansatz im Überblick. Die Gelenke wechseln sich in ihrer Funktion, Mobilität und Stabilität, ab.

Der Gelenk-zu-Gelenk Ansatz im Überblick. Die Gelenke wechseln sich in ihrer Funktion, Mobilität und Stabilität, ab.

Soweit ganz easy zu verstehen, oder? Das Bild oben verdeutlicht noch einmal die abwechselnde Funktion der großen Gelenke unseres Körpers.

 

Problematiken im Bewegungsapparat verstehen und erklären

Wie schon angesprochen können wir mit dem Gelenk-zu-Gelenk Ansatz sehr gut nachvollziehen woher einige der gängigsten Sport- bzw. Zivilisationsverletzungen kommen.
Nehmen wir dafür einmal den Kreuzbandriss oder eine anderweitige Knieverletzung beim Fußball- oder Basketballspieler. Wir können oben sehen, dass das Knie ursprünglich stabil sein sollte. Haben wir jetzt aber einen unserer beiden Spieler dem Mobilität in der darunter oder darüber liegenden Ebene fehlt, dann wird das Knie versuchen diese mangelnde Mobilität eigens durch Mobilität auszugleichen. Da hier absolut keine Mobility hin soll kommt es dann zu Problemen, wie einem Bänderriss beim schnellen Richtungswechsel. Basketballer sind hierfür besonders anfällig, weil sie gern Schuhe tragen, die über die Knöchel gehen. Sind diese dann noch eng geschnürt schränken sie das Obere Sprunggelenk in seiner Mobilität ein. Den gleichen Effekt könnte man über falsch angelegte Tapingverbände am Sprunggelenk erreichen.
Wird diese Voraussetzung dann noch gepaart mit dem hohen Scherkräften, dann geht es dem Basketballer schnell so wie Derrick Rose von den Chicago Bulls in diesem Spiel (am besten zu sehen bei 1:07 Min.)

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Aber nicht nur Sportler sind betroffen. Gelenke haben wir schließlich alle. Chuck Norris genauso wie die Hill-Billy Couch Potatoe. Den meisten Menschen fehlt insbesondere eines: Mobilität der Hüfte. Das kommt insbesondere durch unseren weitaus passiver gewordenen Lebensstil der hauptsächlich durch Sitzen bestimmt wird (siehe auch „Sitzen ist das neue Rauchen“). Verklebt das Bindegewebe unserer Hüfte sodass wir dort Mobilität einbüßen dann versucht einmal wieder das Knie andererseits, und das ist meist schlimmer, die Lendenwirbelsäule (LWS) dies auszugleichen. Gerade die LWS muss aber unbedingt stabil sein. Michael Boyle führt hierfür einige Untersuchungen an, die den Zusammenhang zwischen einer zu mobilen LWS und Rückenschmerzen aufzeigen. Hier sehen wir auch ganz oft, ob Trainer den Gelenk-zu-Gelenk Ansatz verstanden und verinnerlicht haben. Leider geben viele Patienten mit Rückenschmerzen im LWS Bereich Rotationsübungen als Gegenmittel. Die sind zwar gut, aber nur wenn die Rotation in der Brustwirbelsäule stattfindet und nicht in der LWS – das ist auch der Grund warum wir bei unseren FRoMBall Medizinball Übungen wie Full Rotations die Hüfte fest angespannt lassen. Wer die LWS weiter rotiert, beispielsweise mit liegenden Scheibenwischerübungen, der trainiert meist noch mehr in den Schmerz hinein, denn so entsteht noch mehr Mobilität in einem Bereich der von Stabilität beherrscht werden sollte. Nicht so cool, ne?

 

Fazit:
Der Gelenk-zu-Gelenk Ansatz ist extrem einfach zu verstehen und dadurch ein absolut geniales Meisterwerk für alle, die ihren Körper bzw. die mechanische Arbeitsweise des menschlichen Körpers im Allgemeinen besser verstehen möchten. Wir bestehen aus einem Haufen Gelenken, die sich in ihrer grundlegenden Funktion, Mobilität und Stabilität, abwechseln. Ist eine dieser Funktionen blockiert, so versucht die darüber oder darunter liegende Etage das Defizit auszugleichen. Da unsere Gelenke aber so multitaskingfähig sind wie ich (und die meisten Männer) klappt dann beides nicht mehr. Im schlimmsten Fall stünden wir vor einem heillosen Durcheinander in dem kein Gelenk mehr das macht, was es eigentlich soll. Da könnten wir genauso gut die Weltherrschaft an die Minions abtreten.
Aber das muss nicht sein. Wer den Gelenk-zu-Gelenk Ansatz nachvollziehen und anwenden kann, der versteht schnell woher seine eigenen Problemchen mit dem lieben Körper in der Ursache kommen können und wird sie auch fix beheben können, statt sinnlos zu versuchen die schmerzenden Gelenke lokal zu behandeln.

 

Open Hand Torque Test – oder Wieso die Arme eng sein sollten beim Push-Up

Ich predige immer wieder, dass Stabilität in den Gelenken das A und O ist. Und achte bei der Übungsausführung oft penibel auf Kleinigkeiten wie die parallele Hand-/Fußstellung. Das nehmen die meisten meiner Athleten auch einfach so hin. Um das ganze System wirklich zu verstehen nutzen wir den Open-Hand Torque Test von Kelly Starret.
Der Open-Hand Torque Test zeigt am Beispiel des Push-Ups anschaulich wieso Außen-/Innenrotation durch Drehmoment zur Gelenkstabilität führt. Die Auswirkungen der Handpositionierung allein bei einer „einfachen Übung“ wie dem Liegestütz, sollte jeder Sportler mindestens einmal am eigenen Leib gespürt haben. Ich versichere euch, dass ihr danach mit anderen Augen auf die „Kleinigkeiten“ blickt, die euer Coach ständig fordert.

Der Open Hand Torque Test von Kelly Starrett.

Der Open Hand Torque Test von Kelly Starrett.

Beim Open-Hand Torque Test werden die Hände aus der Push-Up Position heraus (Hände zunächst parallel und direkt unter der Schulter, Rücken gerade, Gesäß angespannt und Füße zusammen) „im Boden verschraubt“ um durch Außenrotation eine gute Stabilität im Schultergelenk zu erreichen. Und von hier aus immer weiter nach außen gedreht.
Dadurch verlieren wir immer mehr von dem Drehmoment im Schultergelenk und es wird drastisch schwieriger einen flachen Rücken und eine stabile Rumpfspannung zu halten. Aus diesem Grund sind bspw. Planche Pushups, bei denen die Finger gänzlich nach hinten zeigen, so schwierig. Einen tieferen Einblick in die Hintergründe zum Open-Hand Torque Test findest du auf meinem Suprfit Blog: Der Open-Hand Torque Test

Finish Strong,
euer Art

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