Darfst du schon “strict” trainieren?
Warum Mobility Training und korrekte Bewegungsausführung das A und O für alle Athleten ist.
Es gibt viele Artikel darüber wie, warum, ab wann und ob überhaupt „Kippings“ verwendet werden sollten. Aus meiner Sicht ist es keine Frage, dass die Kraft als Grundlage vorhanden sein muss, um „kippen“ zu dürfen. Ich teste daher meine Leute immer bevor sie mit einem Kipping Pull-Up beginnen, ob mindestens 5 strict Pull-Ups drin sind. Die aufgebaute Kraft und Stabilität ist die Grundlage, um deine Gelenke während dynamischeren Bewegung mit Kip gesund zu halten (siehe auch „Warum du vor allem strict trainieren solltest“).
Aber hat schon einmal jemand darüber nachgedacht zu überprüfen, ob ein Sportler die Voraussetzungen erfüllt, um „strict“ zu trainieren?
Sicherlich. Aber leider ist es viel zu selten! Denn die Ergebnisse sind meist unbequem und erschreckend. Genau nicht das, was die meisten Sportler und/oder Kunden hören möchten.
Auch ich habe das lange außer Acht gelassen. Inspiriert durch einen Artikel von Tom Morrison bin ich erst so richtig auf dieses Thema gekommen.
Sowohl Tom als auch die Expertenriege aus dem Trainingsbereich, wie Ido Portal, Gray Cook und Co. Stimmen überein, dass Kipping nicht per se schlecht ist. Aber das ist nicht das zentrale Thema heute. Wenn dich dieses Thema tiefer interessiert, dann lies am Besten meinen Artikel „Zur Verteidigung des Kipping Pull-Ups“.
Wie beginnt deine Trainingskarriere?
Viele von uns trainieren ein Leben lang. Aber die intensive Zeit, in der einige von uns vielleicht sogar Wettkämpfe bestreiten, beläuft sich auf einige wenige Jahre. Und ratet mal wann und wo entschieden wird, wer dabei erfolgreich sein wird und wer nur von einer Verletzung in die nächste schießt. Genau, ganz am Anfang.
Worauf kommt es also dabei an? Was unterscheidet die Champions von der Masse? Die Basics. Die Grundlagen in der Beweglichkeit und Bewegungsausführung machen den Unterschied. Und zwar einen gewaltigen. Wer von Anfang an schwer trainiert, harte MetCons raushaut und dabei auch gern mal über Mobilitätseinschränkungen oder akute Schmerzen hinwegsieht wird in der Zukunft von Verletzungen geplagt sein. Wer jedoch die Zeit investiert in eine gute Grundlagenausbildung, sprich eine gute Mobilität und Bewegungsqualität, der wird in aller Regel verletzungsfrei, ökonomisch und effizient arbeiten. Klingt doch ganz geil, oder?
Strukturelle Integration – „happy movement, happy improvement“
Stell‘ dir vor dein Körper hätte keinerlei Bewegungseinschränkungen. Du stehst nie im Hohlkreuz, deine Knie fallen nicht nach innen, das Wörtchen „butt Wink“ kennst du nur aus Blogartikeln und alle deine Gelenke sind in perfekter Form und voller Bewegungsamplitude (Range of Motion – ROM) belastbar. Wie unglaublich gut würdest du dich wohl fühlen? In der Theorie ist das der Fall, wenn alle Gelenke wirklich so übereinander stehen wie es die Natur ursprünglich vorgesehen hat. Dazu müssen alle Muskeln ausgewogen trainiert sein, die Faszien dürfen nicht verklebt / verknotet sein, die Knochen weitestgehend unbeschädigt. Dein Körper wäre dann im Lot. So stellt es Ida Rolf, die Erfinderin einer der ersten Faszientechniken, des Rolfings, dar. Sie nennt das Strukturelle Integration. Bedeutet, dass wenn alles im Lot wäre, dem Körper Bewegungen relativ leicht fallen, denn jede Korrektur einer Einschränkung oder Ähnlichem kostet dich zusätzlich Kraft. Die könntest du viel besser für deinen neuen PR verwenden, oder?
Bist du bereit für „strict“?
Bevor wir also überhaupt eine komplexe Bewegung beginnen müssen wir genau das prüfen. Ist unser Körper weitestgehend im Lot? Gibt es krasse Einschränkungen, die gegen ein Training sprechen? Egal ob strict oder Kipping? Ein sehr gutes Beispiel ist auch hier wieder der Pull-Up. Vielen Menschen fällt es schwer ihren Arm zu bewegen ohne dabei den Latissimus stark in die Bewegung einzubeziehen. Das sehr ihr ganz gut an dem Model in unten stehendem Video.
Erst nach einer Behandlung der Faszien ist es dem Athleten möglich den Arm ohne Anspannung des Lats in die Ausgangsposition für einen Klimmzug zu bringen. Die Ausgangsposition! Ich will das nochmal wiederholen, denn man überliest es leicht: die Ausgangsposition! Er braucht, obwohl er professioneller Golfer ist, eine Vorbereitung um eine grundlegende Position für eine grundlegende menschliche Bewegung einzunehmen. Ist doch krass. Wie soll es da erst unseren Desktop Warriors gehen, die den größten Teil ihres Arbeitslebens am Schreibtisch verbringen?
Wird diese Vorbereitung auf Bewegungen nicht gemacht, dann sind Verletzungen vorprogrammiert. Das bedeutet nicht, dass du gleich stirbst, wenn du einen Klimmzug probierst. Und auch nicht, dass du erstmal nur Rollen und mobilisieren solltest, bevor du dich anderweitig betätigst. Ich möchte aber dass du darüber nachdenkst, was wirklich die Grundlage für eine effizientes und effektives Training ist? Was willst du erreichen? Nur eine kurzfristige Leistungssteigerung? Extrem gute Leistungsfähigkeit über wenige Jahre und dann in „sportliche Rente“ gehen? Dann auf geht’s einfach trainieren sozusagen. Oder willst du eine schöne, elegante, effiziente und energiesparende Bewegung? Einen funktionell arbeitenden Körper? Einen, der dich dazu befähigt verletzungsfrei, langanhaltend und intensiv zu trainieren? Dann sollte die Grundlage eines jeden Trainings die Mobilität und Stabilität deiner Gelenke sein, sowie die Bewegungsqualität einer jeden Bewegung. Auch Liegestütze, Air Squats und Bankdrücken haben enorm viel technische Ansprüche.
Setzt du diese Grundlagen, beispielsweise durch ein ausgedehntes und sinnvoll aufgebautes sowie skaliertes On-Ramp Programm, und wiederholst sie immer wieder, dann wirst du CrossFit viel mehr genießen können. Und vor allem länger und besser! Und ja, hier kommt es für mich schon auf die Länge an!
Die magischen 10-15 Minuten
Wie auch immer du dich aufwärmst. Aus meiner Sicht liegt die Magie in den ersten 10-15 Minuten deines Trainings. Nutze hier Übungen, die deine Mobilität verbessern, deine Faszien bearbeiten, deine Gelenke neu ausrichten, die Körperkerntemperatur erhöhen und das Nervensystem schulen. Flows aus dem Animal Flow aka MovNat aka Primal Move oder einfach aus dem Yoga eignen sich super! Zu faul dir was Eigenes auszudenken? Benni Heizmanns Flows sind spitze!
Aber das befreit dich nicht von deinen „Hausaufgaben“. Mobility und Bewegungsqualität ist eben keine Sache, die du nur eine Stunde am Tag brauchst. Und auch keine die sich in einer Stunde täglich krass verbessert. Baue so oft du kannst Mobility-Anteile in deinen Alltag ein. Bspw. Indem du einfach kurz vom Stuhl aufstehst und ein paar Kniebeugen machst. Kelly Starrett’s neues Buch Deskbound: Standing Up to a Sitting World
bietet hierfür auch geniale Ideen.
Diese Grundlagenarbeit ist, wie der Name schon sagt, die absolute Grundlage für eine erfolgreiche und gesunde Bewegung und ein gesundes Athletenleben. Ganz nach dem Motto
„Happy Movement -à Happy improvement“
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