The Art of Coaching
The Art of Coaching
for english version see: BOXROX: “The Art of Coaching”
Was ist aus Sicht des Coaches grundlegend nötig, um die Kunst des Coaches zu erlernen bzw. zu beherrschen?
Die Kunst des Coaches bzw. „The Art of Coaching“ war auch der Titel eines Seminars des weltweit bekannten Strength Coaches Dan John, das ich am 26.07.2015 in der KRABA in München besuchen durfte und das mich zu diesem Artikel, der hauptsächlich die Inhalte dieses Seminars wiedergibt, inspiriert hat.
Ich wollte wissen, worin denn, aus Sicht eines sehr erfahrenen Trainers aus den USA, die „Kunst des Coaches“ besteht und wie ich mich verbessern könnte. Die zum Großteil bestätigten eigenen und teilweise neu gewonnenen Ansichten will ich euch nicht vorenthalten.
Das Bild des Coaches
Laut Dan John gibt es drei Sorten von „Coaches“. Den Joker, den Comedian und den Entertainer. Der Joker kann dir nur einen einzigen Witz erzählen. Der ist für eine gewisse Zeit lustig, dann ist es aber auch wieder gut. In der Trainerwelt wäre das jemand, der auf die immer gleiche Weise coached oder vielleicht gar nicht mehr kann als seinen Kunden nur sehr gut in den Allerwertesten zu treten. „Auf geht’s, noch 5 Wiederholungen. Beweg deinen Hintern!“ Das ist ein Teil dessen, was wir leisten sollten aber eben nicht alles.
Der Comedian kann dich über eine Stunde, vielleicht sogar länger, zum Lachen bringen. Er hat mehrere Sketche auf Lager und bringt schon etwas mehr Diversität in sein Programm. Aber er bleibt immer bei einer Sache. Ein guter Weightlifting Coach zum Beispiel kann dir wahnsinnig viel über Weightlifting beibringen. Gymnastics, was er selbst weniger beherrscht, kann er dir auch nicht gut und teilweise gar nicht vermitteln. Ebenso wie ein Comedian wundervoll eine Stunde mit seiner Spezialität Stand-Up Comedy füllen kann. Soll dieser Comedian aber singen, dann ist es aus.
Der Entertainer steht am oberen Ende der Nahrungskette in unserem Beispiel. Er kann dich lange und auf verschiedene Weisen gut unterhalten. Er kann schauspielern, singen, tanzen, Witze erzählen und wird nicht langweilig. Er kann verschiedene Rollen einnehmen und in jeder davon überzeugen. Ein gutes Beispiel ist Tom Hanks, der in vielen Komödien wie Forrest Gump auftritt aber ebenso in Dramen wie „Der Soldat James Ryan“ überzeugt hat. Ein “Entertainer-Coach“ ist vielfältig auf Grundlage einer spezifischen Basis. Er kann und wird dir diverse Trainingsansätze näher bringen und sie individuell auf dich abstimmen können. Er schafft es, dass dir nie langweilig wird und du dich konstant weiterentwickeln kannst.
Die Basis
Die Basis des Coaches ist das Verständnis. Punkt. Aber welches? Sicherlich ist es das Verständnis auf anatomischer und physiologischer Seite, damit wir wissen was der menschliche Körper kann und was nicht. Aber es ist ebenso das psychologische, mitfühlend-menschliche Verständnis. Ein guter Coach muss erkennen können, wo seine Kunden stehen und wie er sie abholen kann. Dazu ist immens wichtig, dass er gemeinsam mit den Athleten realistische Ziele setzt, die im Fokus stehen müssen. Um zu erfahren wo jemand steht reicht es leider nicht aus ihn einfach zu fragen: „Wo stehst du denn jetzt? Wie gut bist du bisher?“ Schön, wenn es so einfach wäre nicht wahr? Stattdessen müssen wir ein individuelles und kontinuierliches Assessment durchführen. Das Assessment zusätzlich zu erklären würde den Umfang dieses Artikels jedoch bei Weitem sprengen. Ihr dürft euch aber natürlich auf einen weiteren, ausführlichen Artikel darüber freuen.
Hier sei nur so viel festgelegt: Wichtig ist es realistische Ziele zu setzen, die erreichbar sind und dank stetigem Assessment immer wieder angepasst werden können. Dies sollte auf dem Fokus liegen, dass es nicht wichtig ist, was der Sportler machen möchte, sondern was er machen muss! Was das schon wieder bedeuten soll? Ganz einfach, jeder möchte viel Gewicht snatchen, wenn aber die Mobilität noch so schlecht ist, dass gerades Stehen unmöglich erscheint, dann brauchen wir mit Snatch Training noch gar nicht zu beginnen. Wer die richtigen Ziele setzt, dem fällt es leichter diese im Fokus zu behalten. DJ’s Grundsatz, den er immer wiederholte, ist: „The goal is to keep the goal the goal!“ Dieser Zielfokus ist so wichtig, da alles für das gebotene Ziel getan werden sollte. Leider ist auch die Zielsetzung ein so umfangreiches Thema, dass ich euch schweren Herzens auf den Folgeartikel verweisen muss.
Das Coaching ABC
Um das Verständnis und gute Eigenschaften als Coach aufzubauen bezieht sich Dan John immer auf sein Coaching 101, das ich lieber als Coaching ABC bezeichne. Es bezieht sich auf drei wichtige Punkte:
- The Know:
Werde in einer bestimmten Sache sehr gut. Sei es Weightlifting, Gymnastics, Ausdauersportarten, Primal Move oder etwas anderes. Meistere diese eine Sache. Das ist deine Basis auf der du aufbauen kannst. - The Do:
Verwende simple, logische Progressionen die, übereinstimmend mit deinem Assessment deiner Kunden, individuell auf deren Level angepasst werden können. - Savoire Faire:
Wisse, was du in diversen Situationen zu tun hast. Sportler sind auch nur Menschen mit guten und schlechten Tagen. Das Leben hat einen immensen Einfluss auf unsere körperliche Leistungsfähigkeit und unser Befinden. Wenn gerade die Beziehung deines Schützlings in die Brüche gegangen ist, dann kann es sinnvoller sein ihm einen Tag Pause oder ein entspannteres Training zu bieten als die größtmögliche Konzentration für den kompliziertesten Lift zu verlangen! Ein guter Coach muss in der Lage sein sich in seine Klienten hineinversetzen zu können und sich und sein Training an die Gegebenheiten des Lebens sofort anzupassen.
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis
Dieses Verhältnis sollte nicht nur im Coaching, sondern im Leben generell betrachtet werden. Welche Übungen/Systeme/Geräte/Verhaltensweisen bringen mir den meisten Nutzen bei minimalstem Aufwand? Ich meine kommt schon, wer hat denn in der Schule oder Ausbildung nicht nach diesem Minimalprinzip gearbeitet? Warum sollte ich das Schulbuch xy lesen, wenn mir die Zusammenfassung auch alles gibt, das ich wissen muss? Das wäre ja Zeitverschwendung. Warum sollte ich also im Training anders vorgehen? Wenn ich es schaffe nach dem Pareto-Prinzip meine Übungen auszuwählen, dann habe ich „nur“ 20% Aufwand, die mir 80% meines Erfolges liefern. Ich denke da an Übungen wie den Kettlebell Swing, den Deadlift oder den Squat. All das sind relativ einfach zu erlernende und auszuführende Übungen, die einen wahnsinnigen Effekt auf den Körper und unsere Fitness haben. Wieso sollte ich so etwas rauslassen? Wieso solche „Goldgruben“ tauschen gegen bspw. Maschinen, die unendlich teuer in der Anschaffung und kompliziert in der Bedienung sind? Ich fordere euch daher dazu auf, euer Equipment und eure Übungsauswahl immer wieder aufs Neue zu betrachten und auch hier ein kontinuierliches Assessment durchzuführen. Wie viel Aufwand habt ihr damit dieses Equipment zu besorgen/benutzen? Wie einfach ist es zu verwenden? Und wie viel Effekt habt ihr daraus? Solltet ihr zu dem Schluss kommen, dass euer Equipment, eure Übungsauswahl oder eine bestimmte Verhaltensweise das Pareto-Prinzip auf den Kopf stellen, sodass ihr mit 80% Aufwand nur 20% Gewinn erzielt, dann solltet ihr das schnellstmöglich einstellen. Egal, was es ist!
The Art of Coaching
Die Kunst des Coachens besteht also im Wesentlichen aus vier wichtigen Punkten:
- Verständnis von Körper und Geist
- 24/7/365 Assessment (alles und jeden 24/7 zu betrachten um den momentanen Standpunkt zu bestimmen, 365 Tage im Jahr, denn unser Körper macht in seiner Anpassung an unser Verhalten keine Ferien)
- Das Kosten-Nutzen-Verhältnis beachten
- Zielfokus
Das sind die vier Prinzipien, die uns helfen den Weg vom Joker zum Entertainer zu beschreiten. Ich freue mich auf diesen Weg und wünsche auch euch viel Spaß auf diesem Weg.
Finish strong,
euer Art
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