Also wenn sowohl der Kalorienverbrauch meiner Fitness-Uhr und auch die Kalorienangaben auf den Lebensmittelverpackungen gerne mal um 25% um den tatsächlichen Wert streuen – wie kann ich reagieren?
Zunächst: damit leben. Sieh die Zahlen nicht in Stein gemeisselt an. Wenn du ein hartes Workout hinter dir hast, hab’s einfach im Kopf, dass du vielleicht gerade nicht 1200 Kalorien verbrannt hast, sondern vielleicht auch nur 1000. Es ist aber auch möglich, dass du eben grade über 1400 Kalorien verbrannt hast. Eine Empfehlung hier ist definitiv nicht immer blind den Gadgets zu vertrauen. Je besser du deinen Körper auch ohne Gadget-Unterstützung kennen lernst, desto genauer weißt du auch, welchen Regenerations-Umfang und wie viel „Fuel“ du benötigst, um im Rahmen der Superkompensation dauerhaft deine Leistung zu steigern und dich nicht auszulaugen oder zu stark zu reizen. Die Gadgets siehst du also bestenfalls als Richtwert und ergänzt idealerweise die Thematik „Energy-Out“ mit deinem Körpergefühl …
Ja und das Kalorientracking? Es machen doch auch wirklich Viele – auch erfolgreiche Athleten?! Jep, 100 Punkte an Mister Kritisch. Wenn du jetzt aber einen CrossFit Games Athleten tracken siehst, hat das auch seine Gründe. Kurzum: extremes Ziel – extreme Maßnahmen. Auch mit der Ernährung wird hier versucht, die letzten Prozent herauszukitzeln. Tracken ist dabei eine der genausten Methoden zur Kontrolle von „Energy-In“. Jedoch sind für 90%-95% der Leute andere Baustellen sinnvoller.
Dazu nur mal ein Denkanstoß. Wie satt bist du nach der gleichen Kalorienanzahl eines Vollkornsandwich mit Hähnchen oder einem großen Eisbecher? Na …? Nach dem Eis willst du noch mehr, nach der sauberen Mahlzeit ist dein Körper erstmal gut gesättigt. Warum?
Nur so viel: Zucker vs. vollwertige Makronährstoffe, stark unterschiedlicher Hormonausstoß, unterschiedliches Sättigungsgefühl…
Anderes Beispiel: „Mindful Eating“. Die gegenwärtige Studienlage unterstreicht den Fakt, das bewusstes Essen mit ausführlichem Kauen auch zu einer besseren Sättigung mit weniger stark ausgeprägtem (Anschluss-) Hunger führt. Irgendwie auch logisch: Lässt du dir beim Essen Zeit und kostest wirklich jeden Bissen aus, bist du – wenn du ehrlich überlegst – nach der Mahlzeit zufriedener gesättigt, wie wenn du deine Leibspeise unter Stress auf’m Sprung zum nächsten Termin hinunterschlingst. Wie bereits angedeutet: Dies sind nur zwei von vielen(!) Zahnrädern mit einem enormen Impact, die bei den meisten im Rahmen einer Ernährungsverbesserung gedreht werden können, bevor man ans Tracking denkt.
Zudem habe ich bewusst gesagt: Tracking ist eine der Methoden. Warum? Es gibt wesentlich praktischere und einfachere Modelle, die man zum „Messen“ des Kalorien-Inputs nehmen kann, wenn man erstmal die Palette an Basics bei sich als gut umgesetzt ansehen kann. Eine gute Methode präsentiert hier zum Beispiel Precision Nutrition mit ihren Hand-Sized Portions.
Dabei soll die eigene Hand als personalisierte und portable Maßeinheit zur Ermittlung der richtigen Nahrungsmengen dienen. Je nach individueller Situation (z.B. Alter, Geschlecht, Aktivitätslevel usw.) gibt Precision Nutrition Vorschläge zum „Hand-Tracking“. Der Vorteil liegt auf der „Hand“ (Jep, der kam zuuuu flach, aber egal 😀 ).
Tracken im herkömmlichen Sinn bedeutet abwiegen und kompliziert rumrechnen, während man sich mit den Hand-Sized Portions einfach mit protein-, kohlenhydrat- oder fettlastigen Lebensmitteln und auch Gemüse seine Mahlzeit zusammenstellen kann.
Und jetzt der springende Punkt: Exaktes Kalorientracking – was ähnliches hast du bereits gehört – kann Abweichungen von gut (!) 20% mit sich bringen. Hand-sized Portions sind aber zu 95% so genau wie das „exakte“ Tracken. Sprich wenn jemand schon mit dem Schrauben an den vielen anderen Zahnrädern (wie weiter oben angedeutet) erfolgreich war, dann sind die Hand-Sized Portions mit ihren 5% mehr Ungenauigkeit tatsächlich gut ausreichend, um sehr erfolgreich Nahrungsmengen zu tracken. Außer du bist Elite-Bodybuilder. Oder Schauspieler, der eine extreme Figurverbesserung in 8 Wochen bis zum nächsten Dreh braucht. Oder isst eh schon jede Mahlzeit sehr mindful ohne Ablenkungen mit ausschließlich maximal naturbelassenen Bestandteilen, die auf schonendste Weise zubereitet wurden usw…
You get it. Ein Gefühl für „Energy Out“ mit den Gadgets entwickeln. Grundlegende Richtlinien für gesunde Ernährung dazulernen und konstant praktizieren, ehe man sich verkrampft ins Tracking stürzt. Einfachere Trackingmethoden wie beispielsweise die Hand-Sized Portions von Precision Nutrition führen für die sehr große Mehrheit auch stressfreier zum Erfolg.
Wissenschaftliche Hintergründe unter anderem aus:
Zhu, Y., Hsu, W. H., & Hollis, J. H. (2013). Increasing the number of masticatory cycles is associated with reduced appetite and altered postprandial plasma concentrations of gut hormones, insulin and glucose. The British journal of nutrition, 110(2), 384–390. https://doi.org/10.1017/S0007114512005053
Ferriday, D., Bosworth, M. L., Lai, S., Godinot, N., Martin, N., Martin, A. A., Rogers, P. J., & Brunstrom, J. M. (2015). Effects of eating rate on satiety: A role for episodic memory?. Physiology & behavior, 152(Pt B), 389–396. https://doi.org/10.1016/j.physbeh.2015.06.038
Miquel-Kergoat, S., Azais-Braesco, V., Burton-Freeman, B., & Hetherington, M. M. (2015). Effects of chewing on appetite, food intake and gut hormones: A systematic review and meta-analysis. Physiology & behavior, 151, 88–96. https://doi.org/10.1016/j.physbeh.2015.07.017
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