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Die Top 5 Übungen für eine optimale Kniebeuge

Squats are like sex. The deeper you go the better it is

– unbekannt

Kniebeugen sind unbestritten die wichtigste aller Kraftübungen. Und wie wir alle wissen ist für einen sinnvollen Trainingsreiz und gesunde Gelenke und Bänder der Bewegungsumfang entscheidend.

Aber was, wenn dir die Übungen Schmerzen bereitet, die außerhalb des Muskelbrennens liegen? Was, wenn du einfach nicht “deeper” gehen kannst?

Vielleicht kannst/musst du sogar ein so genanntes Hüftimpingement dein eigen nennen womit dir diese wundervolle Übung leider aktuell verwehrt bleibt?

Dann bist du 1. nicht allein und 2. solltest du dir professionelle Hilfe suchen.

Thomas Worring hat all das selbst durch. Er litt selbst jahrelang an einem Hüft-Impingement und den leidigen Begleiterscheinungen wie einem Beckenschiefstand, funktionaler Skoliose, einer Beinlängendifferenz und einer Bandscheibenprotrusion. Ein ordentliches Paket.

Er hat es sich zum Ziel gemacht möglichst Vielen bei der Bekämpfung des Impingements zu helfen und seine Website Impingementhuefte aufgesetzt.

In diesem Artikel zeigt uns Thomas die 5 besten Übungen, um eine optimale Kniebeuge ausführen zu können.

Ein wahres Goldstück, nicht nur wenn du unter akuten Problemen leidest sondern auch um diesen vorzubeugen.


1. Worum geht’s bei der Kniebeuge?

Die Kniebeuge gilt als Königsdisziplin im Kraftsport und sollte in keinem Trainingsplan fehlen. Bei richtiger Ausführung wird damit der gesamte Unterkörper trainiert. Zudem arbeitet der Oberkörper primär isometrisch mit, um Stabilität während der Bewegung zu gewährleisten.

Auf den ersten Blick wirkt die Übung simpel: Man geht in die Hocke und streckt anschließend wieder seine Beine. Jedoch ist die Kniebeuge tatsächlich sehr komplex. Es gibt ganze Bücher, welche nur diese eine Übung thematisieren.

Aufgrund der hohen Komplexität der Kniebeuge gibt es unzählige Anforderungen an den Athleten, um die Übung mit richtiger Technik auszuführen. Dieser muss sowohl ausreichend Mobilität als auch Stabilität der beteiligten Gelenke aufweisen. Ist dies nicht gegeben, kommt es zu Kompensationsmechanismen, schlechten Hebelverhältnissen und einseitigen Belastungen der passiven Gewebestrukturen.

Aufgrund der schlechten Übungsausführung folgen Performanceeinbußen und Verletzungen, welche dem Athleten eine lange Rehabilitationszeit abverlangen. Es lohnt sich also, von Beginn an auf eine gute Ausführung zu achten, um Verletzungen vorzubeugen und eine bessere Kraftübertragung zu gewährleisten. Dies führt letztlich zu der Frage, welche Faktoren eine stabile, sichere Kniebeuge ausmachen.

2. Was macht eine gute Kniebeuge aus?

Joint by Joint concept

Wie oben beschrieben, muss der Athlet sowohl eine gewisse Mobilität als auch Stabilität der beteiligten Gelenke mitbringen, um eine gute Übungsausführung zu gewährleisten. Dies lässt sich einfach mit dem Joint by joint Ansatz erklären. Demnach besteht der Körper aus einer Reihe von Gelenken die synergetisch zusammenarbeiten und eine gewisse Kompetenz (Mobilität/Stabilität) aufweisen müssen, damit es nicht zu Kompensationsmechanismen kommt. Mehr zu dem Thema kannst du hier nachlesen: https://heartcore-athletics.com/der-gelenk-zu-gelenk-ansatz/

Folgende Auflistung beschreibt die Anforderungen an die Gelenke, bei Ausführung einer tiefen Kniebeuge mit korrekter Technik.

GelenkAnforderung
FußgelenkMobilität
KnieStabilität
HüfteMobilität & Stabilität
LendenwirbelsäuleStabilität
BrustwirbelsäuleMobilität
SchultergelenkStabilität

Doch was bedeutet eigentlich Mobilität und Stabilität? Im Folgenden werden die Begriffe genauer beschrieben.

Mobilität

Mobilität beschreibt die Fähigkeit, ein Gelenk uneingeschränkt in seinem vollen Bewegungsumfang zu bewegen. Diese ist sowohl durch die individuelle Morphologie und Ausrichtung der passiven Gewebestrukturen, als auch durch die Längen- und Spannungsverhältnisse der Skelettmuskulatur des Athleten festgelegt. Während ersteres genetisch prädestiniert ist, lässt sich zweiteres gut beeinflussen. 

Stabilität

Stabilität beschreibt die Fähigkeit, das Gelenk in der Ursprungsposition zu  halten, während in einem anderen Gelenk Bewegung stattfindet. Sie lässt sich durch spezielle Übungen beeinflussen. Dabei geht es vor allem darum, die entsprechenden Muskeln bei Bewegungsausführung zu aktivieren und anschließend zu kräftigen.

3. Übungen

Im Folgenden werden dir Übungen näher gebracht, um das Beste aus deiner Kniebeuge herauszuholen. Die Übungen sollten VOR dem eigentlichen Kniebeuge-Workout absolviert werden. Langfristig wirst du dadurch bessere Hebelarme, mehr Stabilität und Bewegungsspielräume in der Kniebeuge schaffen und somit langfristig mehr und sicherer Gewicht bewegen können.

Übung 1: Fußgelenk Mobilisation

Warum?

Bei einer Kniebeuge, wandert das Knie/Schienbein in Richtung Zehenspitzen. Um diese Bewegung zu gewährleisten, brauchen wir ein mobiles Fußgelenk. Bei fehlender Mobilität wandert der Oberkörper kompensatorisch weit nach vorne und es kommt zu ungünstigen Hebelarmen und einer erhöhten Belastung der Wirbelsäule [1].

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  1. Befestige ein Resistance Band an einem festen Gegenstand.
  2. Schlinge das andere Ende des Bandes um dein Sprunggelenk (Oberes Ende des Fußes).
  3. Platziere den Fuß auf einem Gegenstand (z.B. Gewichtscheibe).
  4. Bringe das Band unter Spannung. Es sollte den Fuß nach hinten und leicht nach unten ziehen.
  5. Schiebe nun das Knie mit deinen Händen so weit nach vorne wie möglich, ohne dabei die Ferse anzuheben oder den Fuß zu verdrehen. Die Fußsohle sollte stets Kontakt mit der Oberfläche haben.
  6. Halte am Endpunkt der Bewegung für etwa 5 Sekunden inne, ehe du zur Ursprungsposition zurückkehrst.
  7. Wiederhole die Bewegung etwa 20 Mal. Achte darauf, dass das Band stets unter Spannung steht.

Was bringt das Band?

Durch die Zugwirkung des Bandes auf das Sprunggelenk, kann dieses bei der Vorwärtsbewegung des Schienbeins nach hinten gleiten. Dadurch wird eine funktionale Bewegung des Fußgelenks gewährleistet und über die Zeit verbessert.

Übung 2: Hüftgelenk Mobilisation

Warum?

Eine gute Hüftmobilität ist unerlässlich, um die Kniebeuge funktional richtig ausführen zu können [2]. Die Aufwärtsbewegung der Kniebeuge besteht neben einer Kniestreckung vor allem aus einer Hüftstreckung. Um die Gesäßmuskulatur, welche hauptverantwortlich für die Hüftstreckung ist, bestmöglich zu aktivieren, benötigt es vor allem ausreichende externe Hüftrotation. Studien [3] haben gezeigt, dass die Aktivierung der Gesäßmuskulatur von der Tiefe der Kniebeuge abhängt. Wenn du also tiefer in die Hocke kommst, profitierst du von einer stärkeren Aktivierung der Gesäßmuskulatur. Folgende Übung soll dir dabei helfen die Mobilität deiner Hüfte zu verbessern.

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  1. Du stehst im hüftbreiten Stand. Verlagere dein Gewicht auf das linke Bein.
  2. Führe nun die Ferse des rechten (freien) Beines nach hinten unter Beugung der linken Hüfte. Das Standbein ist leicht gebeugt.
  3. Halte dich gegebenenfalls an einem Festen Gegenstand fest, um die Balance zu halten.
  4. Lasse das Becken auf der Seite des freien Beines nach unten sinken.  Spüre die Dehnung an der Außenseite deiner linken Hüfte.
  5. Rotiere nun das Becken nach oben, indem du die Hüfte deines linken Beines so weit wie möglich öffnest. Halte an der für etwa 5 Sekunden an der höchsten Position inne.
  6. Lasse dein Becken anschließend wieder sinken.
  7. Wiederhole die Bewegung aus Becken nach oben heben und wieder nach unten absenken etwa 10 Mal.

Übung 3. Gesäß aktivieren

Warum?

Wie bereits in Übung 2 beschrieben, sollte die hüftstreckende Bewegung hauptsächlich durch die Gesäßmuskulatur angetrieben werden. Die Mobilität der Hüfte, um dies bestmöglich zu gewährleisten wurde geschaffen. In dieser Übung wird nun die Gesäßmuskulatur aktiviert. Durch eine aktive und starke Gesäßmuskulatur erreichen wir eine stabile Kniebeuge. Dadurch kann langfristig mehr Gewicht bewältigt und das Verletzungsrisiko minimiert werden.

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  1. Lege dich auf den Rücken. Schlinge ein Band knapp über den Knien um deine Beine. Winkle die Beine an. Der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel beträgt etwa 90°. Die Füße sind etwa schulterbreit voneinander entfernt. Drücke die Knie etwas auseinander, um das Band zu spannen.
  2. Strecke nun dein Gesäß nach oben, indem du deine Gesäßmuskulatur bewusst anspannst. Halte an der obersten Stelle für etwa 10 Sekunden inne und spüre deine Gesäßmuskulatur.
  3. Kehre anschließend wieder in die Ursprungsposition zurück und wiederhole die Bewegung etwa 20 Mal.

Übung 4. Rumpf stabilisieren

Warum?

Die Wirbelsäule ist bei der Kniebeuge am stärksten anfällig für Verletzungen. Es lohnt sich also, diese bestmöglich durch Stabilisierung der Rumpfmuskulatur zu schützen. Bei Betrachtung der Ausführung einer Kniebeuge ist leicht ersichtlich, ob der Athlet eine stabile Rumpfmuskulatur ausgebildet hat. Ist dies der Fall, sieht die Kniebeuge sehr stabil aus, fast so,  als würde er diese an einer geführten Maschine ausführen. Die Funktion der Bauchmuskulatur ist vor allem, bestimmte Bewegungen (Flexion und Rotation) während der Kniebeuge zu verhindern. Der gesamte Rumpf bleibt also fest, während die Beine die eigentliche Bewegung ausführen. Dadurch bleibt die Wirbelsäule in einer neutralen Position und der Druck auf die Bandscheiben und Wirbel wird ausgeglichen verteilt. Scherkräfte, welche die höchste Belastung für die Wirbelsäule sind [4], werden minimiert. Dadurch können auch schwere Lasten bewegt werden, ohne die Wirbelsäule zu schädigen. Durch einen stabilen Rumpf kann also langfristig mehr Gewicht bewegt werden und das Risiko für Verletzungen wird minimiert.

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  1. Stelle dich etwa hüftbreit auf den Boden.
  2. Strecke die Brust raus und ziehe deine Schulterblätter nach unten. Dein Blick ist nach vorne gerichtet. Der Kopf ist aufrecht und bildet eine Linie mit der Wirbelsäule.
  3. Nehme eine Kettlebell/Kurzhantel in deine Hand.
  4. Gehe nun nach vorne, ohne dabei den Rumpf zu einer Seite zu neigen.
  5. Dein gesamter Oberkörper sollte sich beim Gehen möglichst nicht bewegen. Du wirst nach einigen Schritten merken, dass deine Rumpfmuskulatur arbeiten muss, um deinen Oberkörper gerade zu halten.

Übung 5. Komplexe All-in-One Übung

Um die oben genannten Mobilisierungs- und Aktivierungsübungen in der Position der Kniebeuge in einer komplexen Übung zu kombinieren, dient folgende Übungsanleitung. Falls deine Mobilität und Stabilität bereits fortgeschritten ist, kannst du nur noch diese Übung vor deinem Workout durchführen, um Zeit zu sparen. Anfangs empfiehlt es sich jedoch alle 5 Übungen in dein Workout zu integrieren.

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  1. Greife eine Kurzhantel/Kettlebell oder Gewichtscheibe mit beiden Händen.
  2. Stelle dich in deine übliche Standbreite, welche du beim Kniebeugen bevorzugst (z.B. schulterbreiter Stand, Füße leicht nach außen rotiert).
  3. Mache eine Kniebeuge.
  4. Verharre an der untersten Position.
  5. Wandere mit einem Knie über deinen gleichseitigen Fuß und wiederhole die Bewegung einige Male, ehe du mit dem anderen Knie die Bewegung ausführst (Mobilisation des Fußgelenks)
  6. Drücke mit deinen Ellenbogen die Knie nach außen und öffne dadurch dein Hüftgelenk (Mobilisation des Hüftgelenks). Halte die Dehnung für einige Sekunden.
  7. Spanne den Bauch und die Gesäßmuskulatur an und gehe langsam in die Aufwärtsbewegung. Halte etwa 5 Sekunden inne, wenn deine Oberschenkel etwa Parallel zum Boden sind. Spüre, wie deine Gesäßmuskulatur arbeitet (Gesäß- und Rumpfaktivierung).

! Du profitierst noch besser von der Übung, wenn du diese ohne Schuhe ausführst, da du dadurch ein besseres Biofeedback vom Boden erhältst.

Literatur

[1] Fuglsang, Emil I.; Telling, Anders S.; Sørensen, Henrik; 2017: Effect of Ankle Mobility and Segment Ratios on Trunk Lean in the Barbell Back Squat; Journal of Strength and Conditioning Research: November 2017 – Volume 31 – Issue 11 – p 3024-3033

[2] Hemmerich, A, Brown, H, Smith, S, Marthandam, SS, and Wyss, UP. Hip, knee, and ankle kinematics of high range of motion activities of daily living. J Orthop Res 24: 770-781, 2006

[3] Caterisano, A, Moss, RF, Pellinger, TK, Woodruff, K, Lewis, VC, Booth, W, and Khadra, T. The effect of back squat depth on the EMG activity of 4 superficial hip and thigh muscles. J Strength Cond Res 16: 428-432, 2002.

[4] Toutoungi, DE, Lu, TW, Leardini, A, Catani, F, and O’Connor, JJ. Cruciate ligament forces in the human knee during rehabilitation exercises. Clin Biomech 15: 176-187, 2000

11 Vorteile der Kniebeuge – Warum du noch heute squatten solltest

Ein Trainingsplan ohne Kniebeuge ist ineffektiv. Wenn du nicht mindestens einmal pro Woche squattest, mit freien Gewichten und vollem Bewegungsumfang dann wird dein Trainingsprogramm dich niemals so gut voranbringen wie eines in dem du beugst. Punkt.

Viele Sportler vermeiden Kniebeugen im Gym, weil sie anstrengend sind. Dabei ist es wie mit Medizin. Was bitter schmeckt hilft am besten. Für die Kniebeuge sprechen gleich mehrere Gründe. Hier sind die 11 wichtigsten. 11 Gründe, warum du noch heute squatten solltest. (mehr …)

Warum du auf einer Goldmine sitzt: Gluteale Amnesie und warum du nicht das volle Potential deines Hintern nutzt

Warum du auf einer Goldmine sitzt: Gluteale Amnesie und warum du nicht das volle Potential deines Hintern nutzt

Kennst du das? Du squattest, swingst oder liftest und was dir am Ende am meisten weh tut ist der Rücken? Oder du hast einfach immer (wieder) Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule? Egal wie viel du deinen Rücken dehnst und wie viel du massierst, es wird einfach nicht besser.
Hier kommt der Clou: dein Rücken ist nicht zu schwach! Im Gegenteil meistens ist er sehr stark. Dein Hintern ist oftmals das Problem!

 

Rückenschmerzen durch „eingeschlafenen Hintern“
Ja genau, dein Hintern. Po. Gesäß. A****llerwertester. Deine vier Buchstaben eben. Untersuchungen haben ergeben, dass ein Großteil der Bevölkerung, dazu gehören sogar die meisten Spitzensportler, ihre Gesäßmuskulatur nicht mehr ausreichend ansteuern können. Deswegen nutzen wir sie auch alle zu wenig für eine ihrer Hauptaufgaben: die Hüftstreckung (vgl. Michael Boyle, „Fortschritte im Functional Training: Neue Trainingstechniken für Trainer und Athleten“)
Dummerweise sind die Gluteen (so der Fachausdruck für unsere Gesäßmuskulatur) vielleicht sogar die wichtigste Muskelgruppe im Körper. Sie sind die Quelle der Powerentwicklung. Und die Quelle der Jugend, wenn man Dan John glauben mag in dieser Hinsicht. Zumindest zeigt ein knackiger, durchtrainierter Hintern Gesundheit und Jugend. Das kann man wohl kaum verneinen.

Die fehlende Fähigkeit deinen Hintern fest anzuspannen nennen wir „Gluteal Amnesia“. Im Fachdeutsch wäre das vmtl. „Gluteale Amnesie“ oder zu gut Deutsch: ein eingeschlafener Hintern. Diese Bezeichnung kommt vom kanadischen Rückenspezialisten Dr. Stuart McGill, der diesen Begriff prägte nachdem er feststellen musste dass immer mehr Menschen an diesem Syndrom leiden. Natürlich geht es dabei nicht darum, dass der Hintern wirklich eingeschlafen ist. Nicht im Sinne von Taubheit oder Ähnlichem. Sondern darum dass die Fähigkeit verlernt wurde diese wichtige Muskulatur anzusteuern und aktiv zu nutzen.

Wieso können wir unseren Hintern nicht mehr aktiv ansteuern?
Sehr gute Frage. Auf die es keine definitive Antwort gibt. Es geht hier viel mehr um eine Verkettung von Umständen. Wie immer hat das mal wieder mit unglaublich exzessivem Sitzen zu tun. Und dem daraus resultierenden Bewegungsmangel. Wir verlernen einfach die grundlegendsten Bewegungen durch unseren „gemütlichen“ Lebensstil. Faszien verkleben, wir büßen Mobilität ein und die Kraft der Muskulatur verabschiedet sich langsam aber sicher bei vielen ab dem ersten Schultag. Das ist meist der Tag an dem wir uns nicht mehr vor der sitzenden Gesellschaft retten können und früher oder später nachgeben.
Da unser Hintern also immer inaktiver wird, quasi einschläft, verlieren wir irgendwann die Fähigkeit ihn aktiv zu nutzen. Ziemlich doof. Denn hier steckt unglaublich viel Potential, Power und Kraft drin. Er ist eine richtige Goldmine wenn es um Leistungsfähigkeit und Gesundheit geht. Denn mal ehrlich: was hat die Natur umsonst erschaffen? Sicher nicht deinen Po. Ohne kräftige „Glutes“ kannst du nicht gerade stehen, nicht deine Hüfte ordentlich strecken. Diese Aufgabe übernehmen dann die Hamstrings (der Beinbizeps auf der Oberschenkelrückseite) und die Rückenstrecker (an der Lendenwirbelsäule). Da sie den faulen Hintern sozusagen durch Überstunden ausgleichen müssen kommen sie auch schneller ins Burnout. Sie verkrampfen. Und das vielleicht sogar chronisch. Und dann hast du ein langwieriges Problem.

 

Hast du „Gluteal Amnesia“? Der BAD
So richtig krasse gluteale Amnesie sehen wir vor allem bei älteren Leute und extremen Bürohengsten. Um herauszufinden ob du in so starken Maß betroffen bist machen wir den BAD – den Butt Awareness Drill – von Michael Warren Brown. Leg‘ dich dazu auf den Rücken, nimm deine Hände unter deine Pobacken und spanne diese abwechselnd an. Mal rechts, mal links. Du solltest sie wirklich fest anspannen können. Und zwar ohne einen Krampf im Oberschenkel zu bekommen oder irgendetwas anderes zusätzlich zu bewegen. Klappt? Super, dann bist du definitiv nicht hoffnungslos verloren. Klappt nicht? Du weißt nicht wie du deine Gesäßmuskulatur anspannen sollst? Du bist hoffnungslos verloren!
Nein, natürlich nicht. Auch das kannst du wieder erlernen. Am besten durch häufiges Üben genau dieses Drills den du jetzt als Test verwendet hast.

Aber nur weil das geklappt hat heißt das nicht dass du aus der Sache ganz raus bist. Gluteale Amnesie in etwas  geringerer, aber dennoch negativer, Form kann auch heißen, dass es dir nicht möglich ist deine Gürtellinie permanent parallel zum Boden zu halten. Das ist das erste Anzeichen glutealer Amnesie. Dieses Konzept wurde erstmal von Laurence Morehouse und Leonard Gross in ihren Werken „Total Fitness“ und „Maximum Performance“  (1980) erwähnt. Sie beschreiben dabei eine Frau, die über den Campus schwebt und dabei problemlos ihre Gürtellinie parallel zum Boden hält. Ganz anders sieht es bei einem Großteil unserer Bevölkerung aus. Wir neigen eher dazu unsere Gürtellinie nach vorn kippen zu lassen. So dass die Gürtelschnalle Richtung Boden schaut.

Die Lösung ist deine Pobacken anzuspannen. Als ob du sie zusammenkneifen willst. Probiere es ruhig mal aus. Stelle dich hin und überprüfe deine Gürtellinie. Stell‘ dir vor in deiner Hüfte steckt ein Eimer voller Wasser. Du willst versuchen auch in der Bewegung das Wasser im Eimer zu lassen. Kippst du das Wasser eher nach vorn aus? Dann spanne deine Gesäßmuskulatur ordentlich an und du wirst sehen, dass deine Eimer plötzlich gerade steht. Das unten stehende Bild verdeutlich das. Bei einem neutralen Becken (links) bleibt der Eimer voll. Beim weit verbreiteten anterior pelvic tilt (nach vorn Kippen des Beckens) kippen wir das Wasser nach vorn aus. Oft ist die Ursache die schwache Pomuskulatur.

Wieso brauche ich das?
Dein Becken sollte grundsätzlich gerade stehen. Immer wenn du stehst, sitzt etc. Um deinen Rücken zu entlasten. So verteilt sich die Kraft und dein Gewicht gleichmäßig und wie von der Natur gedacht auf deine Körperpartien. Du bleibst schmerzfrei. Auch im Training, bspw. Im Kettlebell Swing, Deadlift oder in der obersten Position eines Goblet Squat soll deine Gürtellinie parallel zum Boden sein. Achte beim nächsten Mal auf diesen einfachen Punkt.

Ist deine Gesäßmuskulatur zu schwach, bzw. kannst du sie nicht ausreichend ansteuern und so in eine Bewegung integrieren, dann vermisst du nicht nur ein riesiges Potential in der Kraftentfaltung. Du wirst dir auch langfristig selbst schaden. Denn wenn der Hintern seinen Job der Hüftstreckung nicht mehr übernimmt, dann tut es eben jemand anderes. Das sind dann meist die Oberschenkelrückseiten und die Rückenstrecker im Bereich der LWS. Da diese dadurch schön fest werden versucht dein Körper mit einem starken Zug des Hüftbeugers wieder gegen zu steuern. Er will ja schließlich gerade stehen. Im Endeffekt stehst du dann da, kurze Hose, Holzgewehr. Und hast eine schwache Muskulatur im Hintern, Rückenschmerzen, ständig krampfende Oberschenkel und einen gestressten Hüftbeuger. Herzlichen Glückwunsch. Das dauert eine Weile bis dieser „major fuck up“ wieder im Lot ist. Aber es geht.

 

Die Lösung: Kraft und Mobilität
Wichtig ist dafür ein ganzheitlicher Ansatz. Du brauchst Kraftsteigerung in deinem Gesäß. Das erreichst du am besten durch Squats, Lunges, Hip Thrusts, Pistols,Split Squats, Schlittensprints und dergleichen. Wenn du einen festen Plan brauchst dann probiere doch mal Bret Contrera’s 30 Day Glute Challenge. Die soll ganz gut funktionieren. Allerdings aus meiner Sicht nur wenn du sie zusätzlich nutzt! Squats, Deadlifts und Lunges sind  einfach nicht zu übertreffen. Wenn du mit Squats schon klarkommst, dann nutz lieber Squat Programme. Oder eine von Johannes Kwella’s tollen Übungen :-p
Vergiss‘ bitte dabei nicht auch an deiner Mobilität zu arbeiten. Nicht nur das mobilisieren an sich, auch das bearbeiten deiner Faszien (Bindegewebe) ist hier wichtig. Mehr zu den Hintergründen für den speziellen Bereich Faszienlösung am Gesäß lernst du in “Ist dein Knackarsch schädlich für dich?”.

Finish strong,

dein Art

Gehst du falsch aufs Klo? … Ziemlich sicher ja

Du sollst squatten, wenn du dein Geschäft verrichtest. Ja, richtig verstanden. Squatten. Diese komische vorgebeugte Haltung die du da bisher an den Tag legst ist nix. Sagen die Experten.

Wenn du dir das so vorstellst mit dem squatten um dich deiner Reste zu entledigen, dann denkst du vermutlich eher an Camping, Wildnis, oder Dinge, die Tiere so tun.
Newsflash: du bist nichts anderes als ein Tier.
Nur eines, das den natürlichen Weg nicht mehr beschreitet weil es der Meinung ist der “neue” Weg sei angenehmer oder zivilisierter. Dabei hast du effektiv einen Schritt zurück gemacht in eine Position bzw. eine Art und Weise dein Geschäft zu verrichten, die es in der Natur nie gab – weil sie so ineffektiv ist. Klingt komisch, oder?

Warum ist es besser zu squatten?

Kurz gesagt: im Sitzen dauert es länger, entleert dich nicht komplett und ist daher unnatürlich.  In seinem 1966 (!) erschienen Buch The Bathroom schreibt Cornell Professor Dr. Alexander Kira die moderne Toilette sei “the most ill-suited fixture ever designed” – auf Deutsch: das Ding sollte als Hilfe designt werden und macht genau das Gegenteil. Warum? Ist doch viel gemütlicher und die Wahrscheinlichkeit sich anzupinkeln oder Schlimmeres geht gegen Null. Stimmt schon, und das ist tatsächlich ziemlich gut so. Aber mit ein bisschen Aufmerksamkeit passiert das auch beim Squatting nicht.

Der Neurowissenschaftler Daniel Lametti schrieb 2010 in seinem Artikel “Don’t Just Sit There – How bathroom posture affects your health” im Magazin Slate, dass in der Kniebeuge der anorektale Winkel gestrafft wird. Das macht die physische Evakuierung unserer Restprodukte um ein Vielfaches leichter. Im Sitzen haben wir am Ende unseres Darms einen Winkel von ca. 45 Grad. So wie du mit deinem Auto auf der Straße in Kurven abbremst bremst auch der Rest deines letzten Essens in dieser Kurve ab. Und geht unter Umständen nicht ganz raus. Wir fühlen uns dann nicht so ganz frei oder nicht gänzlich entleert. Im Squat wird dieser Winkel wesentlich gerader gezogen. Bahn frei also! Die Fäkalien sprinten jetzt mit voller Kraft und vor allem vollständig nach draußen. Alles raus was keine Miete zahlt! Das unten stehende Bild verdeutlicht das nochmal.

Japanische Forscher haben in dieser Studie belegt, dass der anorektale Winkel umso gerader wird je größer die Hüftflexion ist. Das bedeutet je tiefer du in der Hocke sitzt, desto weniger Aufwand wird es für dich diese überflüssigen Stoffe hinter dir zu lassen. Und wer will schon Aufwand bei der Müllentsorgung haben?

Du brauchst noch eine kleine Veranschaulichung? Dieses Video von Squatty Potty hilft dir da super weiter – trotz oder vielleicht gerade wegen des extrem bizarren Anfangs und Endes?!

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Zeitersparnis

Wer im Squat sein Geschäft verrichtet hat mehr von seinem Leben. Und zwar jedes Mal ganze 79 Sekunden. Das zeigte 2003 eine Studie im Magazin Digestive Diseases and Sciences. Demnach brauchen die “Stuhlgänger” im Schnitt 130 Sekunden, Squatter nur 51 Sekunden. Das addiert sich auf die Lebenszeit gesehen ganz schön. Du wirst zwar keine neuen High Scores bei Angry Birds oder Farmersville mehr aufstellen während du auf dem Örtchen verweilst. Aber macht das nicht ohnehin auf dem Sofa mehr Spaß?

 

Du musst nicht zwingend Squatten!

Doch musst du. Wenn du es “richtig” machen willst. Zunächst mal sagen viele Ärzte, dass nicht jeder Probleme mit der vollständigen Entleerung hat. Wenn du auf dem herkömmlichen Toilettensitz keine Probleme hast, dann musst du die Welt des Stuhlgangs nicht neu für dich erfinden. Aber woher willst du wissen ob es nicht wirklich besser ist, wenn du es nie ausprobierst?

Für das neue Entleerungserlebnis musst du nicht gleich deine Toilette rausreißen und dich auf ein Loch im Boden beschränken. Mindestens die Mieter unter uns hätten da mehr als ein Problem. Es gibt aber praktikable Lösungen, die deinen Thron in einen Squat-Thron verwandeln und dich zum “King of the Kake machen. Ein Beispiel ist der Squatty Potty.

 

Laut Robert Edwards, CEO von Squatty Potty, gibt es zwei Möglichkeiten dieses Produkt (und ähnliche) zu nutzen. Entweder du stellst es einfach vor deinen Toilettensitz, setzt dich ganz normal hin und stellst die Füße auf dem Squatty Potty auf. Das simuliert dann einen leichten Squat der unseren Winkel ausreichend gerade zieht um uns besser zu entleeren. Für das ultimative Squatty Potty Erlebnis solltest du dich jedoch darauf stellen und tief nach unten squatten. Du schwebst in der tiefen Hocke über deiner Klobrille oder berührst sie leicht. Das ist allerdings anstrengender. Spart aber noch mehr Zeit :-p

Es muss nicht gleich die kommerzielle Variante für knapp 35 Euro sein. Ein paar aufeinander gestapelte Bücher, Holzkeile oder eine stabile Kiste tun es auch. Hauptsache die Füße sind erhöht und der Darm begradigt.

 

Dr. Rebecca Kim vom Virginia Hospital Center for Pelvic Floor Disorders – eine Spezialistin für die Körperregion mit der wir uns hier beschäftigen – sagte dass sie ihren Patienten, die Probleme mit dem Stuhlgang haben, schon lange empfiehlt ihre Füße zu erhöhen, um sich leichter zu erleichtern. Weniger Stress und Drücken beim Entleeren bedeute auch weniger Hämmorhoiden. Eine Krankheit, die unter anderem unseren modernen Toilettensitzen zugeschrieben wird. Allerdings sagt Dr. Kim die Firma Squatty Potty werbe weiterhin mit gesundheitlichen Vorteilen durch diese Art des Stuhlgangs, die zwar sehr plausibel aber alle nicht wissenschaftlich belegt seien.

 

Ich habe das Squatty Potty Erlebnis jetzt mehrere Monate verfolgt und das Gefühl mich tatsächlich besser entleeren zu können, wenn ich meine Füße erhöhe. Allerdings bleibe ich lieber bei meiner Budget Version einfach eine Kiste vors Klo zu stellen. Das sieht nicht ganz so stylisch aus, funktioniert aber genauso. Und wenn ich mal wieder im Wald bin erfreue ich mich an der Gelegenheit ganz tief squatten zu dürfen 🙂

 

Viel Spaß beim Ausprobieren und guten Rutsch!

Finish strong,

Art

Warum wir alle unterschiedlich squatten müssen!

Ich bin nun schon seit mehreren Jahren im CrossFit in Deutschland als Sportler wie auch als Trainer unterwegs und eines lässt sich immer wieder und überall sehr gut in der Szene beobachten. Kelly Starret’s Wort ist Gesetz wenn es um Bewegungsausführung und Gelenkstellung geht. Auch wenn KStarr durchaus zu 99% Recht hat mit allem was er sagt, so kann er uns doch nicht alles sagen was er weiß und sicherlich auch in der Praxis umsetzt. Würde er das tun wären seine Videos noch viel länger und noch mehr von dem schlechten Ton und dem dicken amerikanischen Akzent könnten wir Deutschen ohnehin nicht mehr aufnehmen oder?

Gerade was die Squatposition angeht halten es nun viele für die einzig richtige Form die Füße parallel und ca. schulterbreit zu halten und die Knie stark nach außen zu drücken. Das stimmt ja auch vom Prinzip her – aber eben nur vom Prinzip her. Menschen sind so verschieden wie nur irgendwas auf der Welt. Wir sind nun mal keine Maschinen (auch wenn es einige vielleicht gern wären). Ein Artikel von Dr. Ryan DeBell (The Movement Fix) hat mich dazu inspiriert diesen Artikel zu schreiben, um darauf aufmerksam zu machen, dass allein der individuelle anatomische Aufbau schon klar darauf schließen lässt, dass unterschiedliche Menschen nun einmal unterschiedliche Squat Positionen einnehmen müssen.

Jason Khalipa beim Squat Clean

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